Ein kurzer Moment der Schwebe
Klaus Esterluß
Oh, lovely appearance of death,
No sight upon earth is so fair;
Not all the gay pageants that breathe,
Can with a dead body compare.
Charles Wesley, A Funeral Hymn for a Believer, 1780
(Efdemin, New Atlantis, Track 1, OSTGUT 2019)
Karim, wie er durch den Raum trudelt. Madeleine, sie auch. Ob in meinem Kopf oder vor meinen Augen, alles dreht sich durch diesen einen großen Raum, der Küche ist und Wohnzimmer. Wie mir das auf die Nerven geht. Luft, Luft, ruft Karim. Dass er raus will, wo alle sind, in die Stadt, wo das Leben ist. Raus, raus. Kriegt sich überhaupt nicht mehr ein in seiner Hibbelei. Madeleine genauso, hockt sich aufs Sofa, sagt, sie will die Nägel lackieren, steht schon wieder, streckt die Hand nach Karim aus, greift ihn sich, zieht ihn an sich und wieder geht es eine Runde durch den Raum. Mir wird davon schwindelig. Alles vibriert. Die Luft, selbst das Licht vibriert. Es ist unser Haus. Für den Moment ist es unser Haus. Bis sich alles in Luft aufgelöst hat. Das wird kommen. Ich stehe in der Küche und suche Kaffeepulver. Wir haben eine erstklassige Maschine hier, die nichts anderes kann, als Wasser, das wir im Überfluss haben, auf die richtige Temperatur zu bringen und es mit dem richtigen Druck durch feines Kaffeepulver zu pressen. Davon haben wir kaum noch was. Aber ich brauche jetzt diesen Kaffee. Alles geht den Bach runter.
Es ist unser Haus. Für den Moment ist es unser Haus. Bis sich alles in Luft aufgelöst hat. Das wird kommen. Ich stehe in der Küche und suche Kaffeepulver. Wir haben eine erstklassige Maschine hier, die nichts anderes kann, als Wasser, das wir im Überfluss haben, auf die richtige Temperatur zu bringen und es mit dem richtigen Druck durch feines Kaffeepulver zu pressen. Davon haben wir kaum noch was. Aber ich brauche jetzt diesen Kaffee. Alles geht den Bach runter.
Madeleine lacht mich dafür aus. Ich soll mich nicht so haben, sagt sie, soll mich treiben lassen, wie alle anderen, wie Karim, wie sie. Wir sind doch alle gleich, ruft sie und trudelt, immer noch mit Karim an der Hand, um mich herum. Raus, raus! Luft, Luft! Aber wo in dem Draußen ich sein will, weiß ich nicht. Mir reicht, dass ich es durch die Glasscheiben sehen kann. Riesige, glänzend gewienerte Flächen. Zwei Mann hoch. Wenn die Sonne sie anscheint, dann dunkeln sie ab. Sie waren seit einer Woche nicht mehr hell. In ihnen fließt alles ineinander, Karim und Madeleine, ihr Kommen und Gehen, wie es ihnen beliebt. Mag sein, dass sie sich eines Tages als Illusion herausstellen. Alles könnte sich jederzeit als Illusion herausstellen.
Ein guter Espresso dauert 27 Sekunden. Zu kurz und er klebt auf der Zunge, zu lang, und er wird Wasser. Nur nichts verschwenden. Als sich das Wasser durch den Siebträger schiebt, löst sich Karim von Madeleine. Er lässt die Badezimmertür offen stehen und wir hören seinen harten Strahl in der Kloschüssel. Madeleine sucht meine Augen. Sie lacht. Meine geliebte Madeleine mit dem Nofretetemund. Nein, meine früher mal geliebte Madeleine. Sie wirft ihren Kopf in den Nacken, hat ihre feingliedrige Hand vor den Mund gepresst, lässt sich auf das Sofa fallen. Karim wischt sich die Hände am Stoff seiner Jeans ab, als er zurück kommt. Er schillert wie Fischhaut. Keine Handtücher da, sagt er und zieht aus der Gesäßtasche eine krumm gesessene Schachtel Zigaretten hervor, ohne Filter. Er steckt sich eine in den Mund, steckt sie an. Ob er auch einen Kaffee will, frage ich. Madeleine, du? Beide winken ab, fließende Bewegung. Sie sind sich näher, als Madeleine und ich es je waren.
Als wir an diesem Freitag vor ein paar Wochen zum Kanzleramt zogen, da hatte Madeleine ihren Arm noch um meine Hüfte gelegt. Ich trug das „No Planet B“- Plakat hoch gereckt in der Rechten und Karim kannten wir nicht. Er war eine anonyme Figur in der Masse, ein Niemand, der zufällig neben uns her lief. Der offenbar nicht einmal wusste, warum die vielen Menschen unterwegs waren. Die Straßen, so voll, dass es kaum voran ging. Was ich aufs Schild geschrieben hatte, alle sahen das so. Alle.
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