Vor etwa genau einem Jahr kam mir die Idee zum Thema *innen – Frauengeschichten eine neue, wiederum öffentliche Ausschreibung für eine Anthologie zu starten. Die Umsetzung der ersten Anthologie Zerschlagen war zwar ein ziemlicher Kraftakt gewesen, ein feministisches Buchprojekt schien mir die Mühe aber ein weiteres Mal wert zu sein. Wie bei Zerschlagen plante ich auch für *innen ein Crowdfunding, um den Druck der Bücher zu finanzieren. Damit war ein Buchprojekt geboren, das – wie schon das erste seiner Art – kaum auf wackeligeren Beinen hätte stehen können: unbekannte Texteinreichungen und ungewisser Ausgang einer gemeinschaftlichen Finanzierung. Ich gebe zu, es braucht zwei, wenn nicht sogar drei extra Portionen Idealismus, um ein solches Unterfangen überhaupt zu starten, ja, zu denken. Vor allem, wenn schon vor dem ersten Schritt feststeht, dass es dabei nicht um Umsatz, erst recht nicht um Gewinn geht – nur um ideellen. Ein bisschen reicher an Erfahrung werden, beim Büchermachen, beim Verlegen – und im Bestfall mit einer Lektüre das Leben einiger Leser*innen bereichern, auch die literarischen Pfade der beteiligten Autor*innen – so die Aussichten. Oder. Das ist ja immer (oder zumindest oft) der Punkt in der Kunst, den Künsten, der Literatur: Wagt man etwas, einfach damit es in die Welt kommt. Oder verzagt man, weil es schon soooooo viel gibt und alles sowieso schon gedacht und gemacht ist. – Ist es aber natürlich nicht. Weil. Das Individuum. Die eigene Handschrift. Der, die, das Unnachahmliche. …Und: VHV habe ich schließlich gegründet, um Bücher zu machen, die und wie sie mir gefallen. Also: Im Frühtau zu Berge, Berge, Berge.
(Lesende v.o.: Stefanie Schweizer, Katharima Körting)
Die Ausschreibung für *innen – Frauengeschichten ging im Frühjahr 2019 online und wurde über soziale Netzwerke verbreitet, auch mündlich überliefert. Bei bekannten Portalen für Literaturausschreibungen eine Notiz einzusenden – davon sah ich ab, da meine Anfragen schon im Jahr zuvor von diversen Seiten ignoriert worden waren. Bis zum 1.Juni lief hernach die Frist – die Ausschreibung verbreitete sich besser/sprach sich gehöriger herum, als ich angenommen hatte, sodass mich fast 80 Einsendungen erreichten. Davon wählte ich die (nach meinem Gusto) Besten aus, dazu darauf bedacht, thematisch weite Felder und Flure in Frauenangelegenheiten abzudecken, um die Sammlung nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich vielfältig zu gestalten. Alle bei VHV erschienen Bände mit Kurztexten behandele ich wie Platten. Das sei an dieser Stelle angemerkt. Eine stimmige Komposition/Zusammenstellung ist mir wichtig. Ein gelungener Auftakt, Abschluss, leise und lautere Töne, einen großen oder besser: ein paar Hits, dazu viel gutes Material, es darf hier und da auch etwas schwächer sein, das sich gegenseitig verstärkt, erst wirklich zum Klingen/zur Entfaltung bringt.
(Lesende v.o.: Bernd Lüttgerding, Frauke Angel)
Im Sommer begann das Lektorat. Manche Texte ließ ich fast völlig unberührt, bei anderen wurde zu beidseitiger Zufriedenheit geschliffen. Dank der bereits bestehenden Crowdfunding-Erfahrung, fiel das Initiieren der parallel zu startenden Kampagne wesentlich leichter als im Vorjahr. Obwohl das erste erstellte Crowdfunding-Video wieder verworfen wurde und Andy (der Mann und Gestalter an meiner Seite) und ich uns final für etwas ganz Simples entschieden. Auch die Gestaltung des Covers gelang relativ flüssig. Fast wäre es ein schwarz-weißes geworden – aber letztlich gewann doch das satte Magenta (mit Verlaub: mit Verlauf), das wir ursprünglich auf jeden Fall hatten vermeiden wollen. Doch dann war plötzlich klar: „Rosa ist eine bunte Farbe.“ Warum immer alles umkrempeln? Pink, Magenta, Rosa sind einfach fresh. Auch frech. Es kommt darauf an, wie und was konkret man damit kommuniziert. Die bolde (und doch schicke) Typo in Schwarz steuerte deutlich genug gegen jedes Mädchen- oder Weibchenhaftes. Auch die Klappenbroschur mit ihren teils gänzlich schwarzen Flächen brachte eine andere Note ein, die das Buch nicht nach “Frauenlektüre” aussehen lasen.
(Lesende v.o.: Anne Büttner, Daniel Klaus)
Und das Crowdfunding? Für die limitierte und von Hand nummerierte erste Auflage? Das gelang (im Herbst). Um es kurz zu machen. Auch wenn fleißig die, vielleicht unvermeidlichen, Klinken geputzt werden mussten – wie es so goldig heißt. Den Krönenden Abschluss bildete am Freitag, den 10.01.2020 (welch Datum!) die Buchpremiere in der Lettrétage in Berlin-Kreuzberg. 6 Autor*innen lasen vor. Drei davon aus Berlin, drei angereist (Dresden, Hannover und Brüssel). Auch ein Großteil der weiteren 10 Autor*innen hatte sich eingefunden, die meisten aus Berlin, einer auch aus Hamburg. Für mich als Verlegerin und Herausgeberin war es ein Fest. Fast alle Beteiligten plötzlich nicht nur zwischen zwei Buchdeckeln, sondern live versammelt. Manche der Autor*innen lernte ich kurz vor der Veranstaltung überhaupt erst persönlich kennen. Literatur ist auf viele Weisen dazu geeignet, Menschen zusammenzubringen. Schön, das zu erleben. I love it. Und dann das Publikum! Mit 20 Leuten hatte ich mindestens gerechnet, auf 40 gehofft. Bei 70 haben wir dann aufgehört zu zählen. Die Lettrétage war bis in den letzten Winkel vollgepackt. Um 20:05 Uhr haben wir die Veranstaltung eröffnet. Weil mehr Gäste sowieso nicht in den Raum gepasst hätten. Dieser „Run“ (kann man es fast nennen) auf die Lesung hat mich unglaublich gefreut! Ein echter Erfolg. Der gefeiert werden kann. Die Arbeit hat sich gelohnt. Zeit und Energie wurden ergo sinnvoll investiert. Das (Herzens-)Thema, so mein Resümee, liegt offensichtlich auch vielen anderen am Herzen. (Was übrigens nicht zuletzt der VHV-Buchverkaufsrekord bei einer Veranstaltung beweist. WOW. Merci dafür. <3)
Was bleibt zu sagen? Danke allen Beteiligten. Und: Lest! Investiert in euch. Mit einem bemerkenswerten Buch aus dem Hause VHV. Der Anthologie *innen – Frauengeschichten. Erhältlich überall im Buchhandel – und in unserem Onlineshop.
(v.o.: Verlegerin & Herausgeberin Victoria Hohmann-Vierheller, Lettrétage-Panorama)